Ausblick auf 2022: Public und Private Credit
Greg: 2021 war ein Jahr des starken Aufschwungs, wenn auch nicht ohne Höhen und Tiefen. Martin, können Sie zunächst auf das fundamentale Umfeld eingehen, in dem sich Emittenten von festverzinslichen Wertpapieren aus Industrieländern heute bewegen?
Martin: Es war sicherlich ein Jahr der Erholung. Viele Unternehmen sind im Vorfeld des Jahres 2022 jetzt recht gut aufgestellt und werden durch die fortgesetzte Öffnung der Volkswirtschaften und weitgehend erfolgreiche Impfkampagnen in der ganzen Welt unterstützt. Auch die Erträge steigen durchweg, Zahlungsausfälle dürften auf absehbare Zeit gering bleiben. Gleichzeitig verbessert sich die Beschäftigungslage weiter, und der Konsum scheint relativ gesund zu sein. Zwar herrschen angesichts steigender Rohstoffkosten und angebotsseitiger Beeinträchtigungen weiterhin Bedenken über inflationäre Tendenzen, dennoch konnten zahlreiche Unternehmen diese Kosten an die Verbraucher weitergeben. Trotzdem werden die Folgen von Problemen in den Lieferketten noch einige Zeit zu spüren sein – auch haben wir wahrscheinlich noch nicht die vollen Auswirkungen der Lohninflation verzeichnet. Beide Faktoren könnten die Margen der Unternehmen in gewisser Weise schmälern.
Greg: Omotunde, wie deckt sich Martins Einschätzung mit dem, was Sie im Bereich der Unternehmensanleihen aus Schwellenländern sehen?
Omotunde: Ähnlich wie in den Industrieländern haben sich die Fundamentaldaten der Unternehmen in den Schwellenländern aufgrund der Einführung von Impfstoffen und der anhaltenden Nachfrage nach Rohstoffen drastisch verbessert. Umsatz und EBITDA haben sich von den zweistelligen Rückgängen des letzten Jahres weitgehend erholt, der Nettoverschuldungsgrad liegt bei vielen Unternehmen nun unter dem Niveau von 2019. Auch die Ausfallquoten der Unternehmen in den Schwellenländern sind im Vergleich zu historischen Normen niedrig geblieben. Mit Blick auf das kommende Jahr denken wir an ähnliche potenzielle Gegenwinde wie die von Martin erwähnten – nämlich, dass Faktoren wie Engpässe in der Lieferkette und ein Chipmangel den Inflationsdruck auf Unternehmen in Schwellenländern verstärken. Zwar waren die meisten Unternehmen in der Lage, die höheren Kosten an die Verbraucher weiterzugeben, aber es bleibt fraglich, wie stark die Margen durch den anhaltenden Inflationsdruck in Zukunft belastet werden könnten. Positiv ist, dass in den Jahren 2020 und 2021 umfangreiche Refinanzierungsmaßnahmen ergriffen wurden: zahlreiche Unternehmen haben sich niedrigere Finanzierungskosten gesichert und verfügen nun über einen größeren Puffer gegen diesen Druck. Das wiederum dürfte dazu beitragen, die Fundamentaldaten dieser Unternehmen stabil zu halten.